Donnerstag, 30.03.2023 – Stenay in den Ardennen – Wohnmobilstellplatz am Hafen
Es geht wieder los! Der Regen peitscht gegen die Windschutzscheibe, die Sturmböen zerren an unserem Bus. Das kennen wir schon. Und sowieso: Belgien kennen wir nur im Regen. Egal. Wir sind unterwegs, fressen Kilometer und begeben uns nachdem wir die Grenze zu Frankreich passiert haben auf die Suche nach einem Platz für die Nacht. Leider habe ich den Pass L-Étappe nicht beantragt. Vergessen. So öffnet sich die Schranke des ersten Platzes nicht für uns. Weiter über die Dörfer zum nächsten Platz. Dieser schlummert noch im Winterschlaf, was die Kette und das dicke Vorhängeschloss am eisernen Tor eindeutig beweisen. Wir bemühen das Internet. Die Campingplätze öffnen Anfang/Mitte April. Na, was für ein Glück. Zurück zu meiner Lieblings-App: Stellplatz-Radar.
Stenay heißt uns mit seinem für 54 Mobile ausgestatteten Stellplatz willkommen. Der Platz bietet alles, was ein Wohnmobil-Urlauber benötigt. Die Gebühr von 10,- € pro 24 Stunden lässt sich unkompliziert am Automaten bezahlen und wir erhalten einen QR-Code zum Öffnen der Schranke und einen Code für die Sanitäranlagen, die zwar etwas in die Jahre gekommen aber sehr sauber sind. Ein wunderbarer Platz für die Durchreise.
Im Ort finden wir einen Metzger mit einem kulinarisch ansprechenden Angebot und eine sehr kreative Bäckerei. Alles ist gut – Tout va bien.
Freitag, 31.03.2023 – Fahrt nach Sully sur Loire, Camping Le Jardin De Sully.
Der Sturm legt während der Weiterfahrt ins Vallée de la Loire enorm zu. Michael kämpft gegen kräftige Windböen. Auch das kennen wir schon. Doch uns überrascht bei einer mäßigen Geschwindigkeit ein ohrenbetäubender Lärm. Die Arretierung der Dachluke hat sich gelöst, der Hebel der Luke ist aber noch verschlossen. In angemessener Windeseile schlängle ich nach hinten und klammere mich an die Luke während Michael langsam auf dem Standstreifen anhält.
Es ist immer schön, wenn sich Kabelbinder und das unentbehrliche Gaffertape in Reichweite befinden. Ich umklammere weiter die Luke, traue mich nicht meine Finger zu lösen. Michael fischt nach dem Kabelbinder und fixiert die Seiten der Luke am Schließgriff. Vorsichtig löse ich meine Hände. Der Sturm rütteln weiterhin an unserer provisorischen Befestigung als wolle er seine heutige Beute nicht aufgeben. Zahlreiche Pkws und Lastwagen rasen an uns vorbei und bringen den gesamten Bus zum Beben. Während wir uns wieder in den Verkehr einfädeln und Fahrt aufnehmen, geht mein Blick immer wieder nach hinten zur Decke. Die Geschwindigkeit und der Sturm sind selbst für den Kabelbinder zu viel. Also her mit dem Gaffertape und noch einmal nach hinten. Ich fixiere die Kabelbinder. Et voilà
Wir hoffen, dass es bis zu unserem Ziel hält. Vor uns baut sich die nächste Regenfront auf. Das Unwetter trifft uns mit allem, was es zu bieten hat. Noch ist alles dicht, doch ich schlängle mich noch einmal nach hinten, ziehe dem Fernseher eine Mülltüte über und kontrolliere unsere notdürftige Fixierung.
Wir erreichen unser Ziel ohne Zwischenfälle, bummeln trotz Sturm und Regen durch den Ort und landen schließlich in einer Bar voller Einheimischer. Das vielgelobte, neue Frühlingsbier ist eingetroffen. Wir schließen uns der Wahl der Franzosen an: lecker.
Der Regen verzieht sich, mühelos reparieren wir unser Dachfenster und genießen noch einige sonnige Momente.
Samstag, 01.04.2023 – Chateau Sully sur Loire + L’Atrium
Die Sonne lächelt immer mal wieder durch dramatisch angeordnete Wolken. Der liebevoll gestaltete Film zu Beginn der Besichtigung des Chateaus Sully sur Loire ergänzt die abwechslungsreiche Erkundung des Schlosses: rauf, runter, kreuz und quer durch verschiedene Türme, Schlafgemächer und Dachgiebel.
Erneut im L’Atrium, der gestrigen Kneipe, stärken wir uns mit dem Menu für 17,-€. Der warme Kuchen aus dunkler Schokolade mit flüssigem Kern lässt auch so ‚Dessert-Verachter’ wie uns in Verzückung geraten. Wenn das so weitergeht in den nächsten zwei Wochen passen wir nicht mehr in unseren Bus.
Also marschieren wir noch eine weitere Runde, planen unsere weitere Fahrt nach Chinon und genießen einen entspannten Abend am Platz mit Blick auf den Fluss.
Sonntag, 02.04.2023 – Fahrt nach Chinon, Camping de L’Ile Auger, Forteresse de Chinon
Wir ignorieren die fortwährenden Vorschläge unseres Navis, die Maut-Straße zu nutzen und zockeln gemütlich an der Loire entlang. Über Blois, Amboise und Tours, einer Strecke für die wir uns vor dreißig Jahren mit dem Fahrrad drei Wochen gegönnt haben. legen wir nun in drei Stunden zurück. In Blois sind wir gestartet und in Tours war damals Schluss.
Heute fahren wir weiter und erreichen unser Ziel Chinon. So scheint es zunächst. Route barré! Die Straße zu unserem Campingplatz ist, wegen eines Marathons gesperrt. Durch die Gassen navigierend, stoßen wir auf weitere Straßensperren. Neben lautstark anfeuernden Zuschauern füllen viele abgekämpfte, leuchtend rot gesichtige Menschen, stolz ihre Medaille um den Hals tragend, die Straßen.
Wir müssen eine andere Möglichkeit suchen den Fluss La Vienne zu überqueren, um zu unserem Platz zu gelangen. Ein Forstweg, den Michael zuvor mit den Worten: da fahre ich nicht lang, abgelehnt hat, bleibt die einzige Möglichkeit und führt uns schließlich zum Ziel.
Trotz des Marathons finden wir problemlos ein Plätzchen.
À pied – zu Fuss – können wir die Brücke überqueren, erkunden das historische Städtchen und lassen uns von der virtuellen Gestaltung während unserer Besichtigung der Forteresse de Chinon verzaubern. Vor unseren Augen verwandelt sich die Umgebung in eine historisch lebendige Umgebung vergangener Zeiten.
Montag, 03.04.2023 – Fahrt nach Coulon – Camping La Venise Verte
Die versprochene Sonne lässt sich heute nicht blicken, statt dessen begleitet eine graue Wolkendecke unsere Fahrt. Wir decken uns beim Super-U mit Vorräten ein, meiden abermals die Maut-Straßen und genießen die Landschaft: sattgrüne Felder, leuchtend gelber Raps und zart grünende Bäume soweit das Auge reicht.
Auf unserem Weg stoßen wir auf eine bestens besprochene Bäckerei. Wir lassen die ansprechend aussehenden Törtchen und Eclairs links liegen und ergänzen unseren Einkauf mit herzhaften Leckereien.
Das „Grüne Venedig“ von Frankreich heißt uns freundlich willkommen. Auch hier können wir unseren Platz frei wählen, finden eine geöffnete Crêperie, schwatzen auf Französisch und Englisch mit den Menschen, die sich über die ersten Touristen dieses Jahr und den Beginn der Saison freuen.
Dienstag, 04.04.2023 – Kanufahrt durch das „Grüne Venedig“
Sterne glitzern durch das leicht erblühte Geäst der Bäume. Sterne? Das heißt: keine Wolken wabert es durch meine schläfrigen Gedanken. Und tatsächlich erstrahlt die Sonne am wolkenlosen Himmel, dennoch schlägt uns die eisige Luft des frühen Morgens beim Öffnen unserer Bettluke entgegen.
Uns zieht es heute auf das Wasser. Meinen Plan mit den SUP-Boards die Kanäle zu erkunden, muss ich leider aufgeben. Barfuss auf dem Board, wenn das kalte Wasser über die Füße schwappt, erscheint uns nicht sehr verführerisch.
Also gedenken wir eines mit Freunden verbrachten Wochenendes und mieten für zwei Stunden ein Kanu. Wir sind mittlerweile ein eingespieltes Team: erleben trotzt stetiger Stimulierung unserer Armmuskulatur entspannt die wunderbare Natur. Ein Biber schwimmt eine Zeitlang neben uns her. Er würdigt uns keines Blickes. Doch ein Reh flüchtet vor uns mit elegantem Sprung über einen kleineren Kanal. Greifvögel umschwärmen auf der Suche nach Beute – wir sind es zum Glück nicht – unsere Köpfe.
Fast schon meditativ gleiten wir durch das Wasser, welches tröpfchenweise unser Kanu bereichert und Michael, der hinten etwas tiefer im Boot sitzt einen nassen Po beschert. Wir haben diese Welt ganz für uns allein. Lediglich ein Touristenboot lassen wir an einer Kreuzung passieren. Rufe wie: „La vie est beau sur l’eau.“ – Das Leben auf dem Wasser ist schön. „Ce n’est pas trop dur?“ – Ist das nicht zu anstrengend? – schallen uns entgegen. Ich bejahe das Erste und verneine das Zweite. Auch nach zwei Stunden gleiten wir trotz einiger Windböen scheinbar mühelos durch das Wasser.
Diese Landschaft ist im Sommer wahrscheinlich noch viel beeindruckender aber bestimmt nicht so friedvoll und menschenleer wie wir sie erleben dürfen.
Der Nachmittag beschert uns viel Sonne, die an Kraft gewonnen hat. Wir lümmeln leicht bekleidet lesend vor unserem Bus.
Morgen öffnet ein gut besprochenes Restaurant, elf Minuten zu Fuss von unserem Platz entfernt. Mal sehen… :-).
Die Sonne glitzert einen letzten Gruss des Tages durch die frisch erblühten Bäume.
Mittwoch, 05.04.2023 L’Auberge de l’Écluse, Coulon am Kanal
Gemütlich und lecker lassen wir entspannt die Seele baumeln, holen die Fahrräder aus ihrem Winterschlaf und erkunden nach einem äußerst schmackhaften Mittagessen à vélo – auf dem Fahrrad – die Umgebung, natürlich mit entsprechenden Pausen.
Donnerstag, 06.04.2023 – Fahrt nach Saumur – Flower Camping L’Ile d’Offard
Jede Fahrt fern der Mautstraßen bietet überraschende kleine Zwischenfälle – alles ist so wie es sein soll. Eine Demonstration zwingt uns, unsere Route zu verändern und führt uns an einem Stand mit vielen frischen Leckereien vorbei. Michael fährt spontan – wir sind echt gut geworden darin – einen eleganten Schlenker und hält. Obwohl der Spargel sehr gut aussieht, entscheiden wir uns für Radieschen und Erdbeeren. Die Madame gibt mir kostenlos eine weitere Schale dazu.
Abends geraten wir bei den frisch geernteten Erdbeeren zum gut gekühlten Weißwein aus der Region in Verzückung. Dies ist der Beginn von drei kulinarisch geprägten Urlaubstagen.
Saumur empfängt uns mit Sonne und wir bekommen auf der Insel d’Offard einen schönen, großzügigen Platz. Gemütlich schlendern wir am Fluss entlang, überqueren die Brücke, lassen erste Eindrücke von der historischen Altstadt auf uns wirken.
Freitag, 07.04.2023 – L’Essentiel – Chateau de Saumur – Cave de Bouchet
Karfreitag ist in Frankreich kein Feiertag. Dies stimmt uns optimistisch, einen Platz im L’Essentiel unterhalb des Chateau de Saumur zu bekommen. Wir schwingen uns auf die Räder, werden wie immer amüsiert beäugt und los geht’s.
Die Franzosen essen entweder um 12:00 Uhr oder um 19:00 Uhr. Wir sparen uns das Frühstück – das ist auch gut so – fragen lächelnd und blauäugig wie wir sind, ob wir auch ohne Reservierung etwas zu essen bekommen. Un moment s’il vous plaît. Nous sommes complets – ausgebucht. Lächelnd verschwindet die Kellnerin. Wir warten geduldig auf die Entscheidung: le chef du restaurant erscheint, führt uns überaus freundlich zu einem Tisch und durch ein außerordentlich köstlich komponiertes Menü (36,-€ ) einschließlich Amuse-Geulle, ein kleiner, köstlicher Gruss aus der Küche und einem kleinen, köstlichen Abschlussgruß. Tout est délicieux. Wir bleiben allerdings bei einem Glas Wein und folgen nicht den Franzosen um uns herum, die zu jedem Gang einen dazu passenden Weit genießen.
Dieser äußerst „délicieuse“ Start in den Tag versorgt uns mit genügend Energie, um den steilen Anstieg zum Schloss zu bewältigen. Von nun an treiben wir durch den Tag und durch die Allstadt von Saumur – à pied ou à velo.
Zum Abschluss fahren wir mit dem Fahrrad zu einem Weingut vor den Toren der Stadt Samur. Dieser Cave de Bouchet kreiert seinen Wein in weitreichenden unterirdischen Gängen und Gewölben. Leider sind die Führungen mit dem Fahrrad über Wochen ausgebucht aber wir dürfen uns einer Gruppe von Franzosen anschließen, um eine Degustation der Schaum-, Weiß- und Rotweine zu genießen. Allerdings verzichten wir dabei auf das Ausspucken des leckeren Prickelwassers.
Eine kleine Auswahl für die Feiertage passt in unseren Rucksack. Zurück am Bus lümmeln wir lesend in der Sonne und lassen diesen Feiertag bei einem leckeren Wein ausklingen.
Samstag, 08.04.2023 – „Masame“ – Marchée en Saumur – viel Sonne
Wir verfolgen weiter unsere Taktik, freundlich lächelnd beim Restaurant unserer Wahl um Punkt 12 unsere Wünsche zu bekunden. Heute müssen wir ein Viertelstündchen durch den Ort schlendern, dann wird uns ein Tisch am Fenster mit Blick auf die Altstadt zugewiesen und wir bestellen das Tagesmenü. Michael mit Nachtisch, ich ohne. Bei den üppigen raffinierten Desserts teilen wir lieber. Der freundliche Kellner bringt uns eine Karaffe Wasser und empfiehlt wortreich eine Auswahl von Weinen zu unserem Menü. Auch an diesem Tag speisen wir ganz vorzüglich.
Zum Glück ist der Weg zum Restaurant entsprechend weit genug von unserem Campingplatz entfernt, so dass wir mit gutem Gewissen speisen auch wenn die Hose so langsam ein wenig zwickt. Daher lustwandeln wir gemütlich über den Markt, durch die Altstadt und an der Loire entlang.
Unser Nachmittags-Programm: Lümmeln in der Sonne, lesen, neu eintreffende Camper beobachten und da morgen am Ostersonntag viele Restaurant geschlossen haben, doch mal das Internet bemühen nach einer Restaurant-Empfehlung.
Sonntag, 09.04.2023 – Crêperie La Bigouden – Croissère – viel Sonne
Unbewusst haben wir uns in den letzten zwei Tagen für zwei der besten Restaurants in Saumur entschieden. Wir recherchieren Platz 5, eine viel gelobte Crêperie, die ausschließlich biologische Zutaten verarbeitet. Wir bleiben bei unserem Plan: Erklären der freundlichen Französin am Eingang um 11:55 Uhr, dass wir nicht reserviert haben aber in ihrem Restaurant speisen möchten. Michael schielt zu einem Tisch in der Sonne. Er ist reserviert. Aber den Tisch daneben ebenfalls in der Sonne dürfen wir besetzen. Salat mit warmen Ziegenkäse, Galette mit Jacobsmuscheln und weiteren Meeresfrüchten abgerundet mit einer schmackhaften Sauce. Was soll ich sagen: Saumur ist einfach lecker, sonnig und freundlich.
Wir schlendern anschließend am Fluss entlang und beobachten ein Bateau, dass sich mit Menschen füllt. Spontan gesellen wir uns dazu, bekommen eine deutsche Broschüre und einen Platz in der Sonne.
Die 50minütige Fahrt führt uns an den Sehenswürdigkeiten, den Sandbänken der Vogel- und Faunawelt von Saumur vorbei. Das Fernglas am Platz ist durchaus hilfreich, die Degustation eines leckeren Schaumweines überraschend. Verstohlen wickeln wir das gereichte Weingebäck in eine Serviette für einen späteren Verzehr, wenn der Magen sich vom Mittagessen ein wenig erholt hat.
Bei guten Wetter, viel Wind, genügend aber nicht zu viel oder zu wenig Wasser dauerte damals eine Fahrt von Orléans nach Nihon drei Wochen, im Winter bis zu sechs Monate, wenn der Fluss an einigen Stellen gefroren war. Dann kam der Zug und die Boote verschwanden.
Auch heute ist eine Fahrt auf der Loire noch eine echte Herausforderung: wandernde Sandbänke, kleinere Strömungen und Regen, verändern den Flusslauf täglich. Aber ein geübter Bootsführer erkennt kleine Indizien auf dem Wasser, um das Boot ohne auf Grund zu laufen durch den Fluss zu steuern. Und wenn es dennoch eine Sandbank trifft, ist viel Muskelkraft gefragt, um das Gefährt mit langen Stöcken wieder zu befreien.
Das restliche Nachmittagsprogramm ändert sich nicht. Lümmeln in der Sonne. Doch wir planen unsere morgige Fahrt. Es gibt da ein Dorf aus Höhlen in der Nähe, ein nostalgischer Abstecher am Chateau Azay le Rideau und dann geht es zum Schloss Chenonceau. Wir haben nichts mehr vorgebucht und nehmen es wie es kommt.
Montag, 10.04.2023 Fahrt durchs Loire-Tal: Camping de l’ecluse
Wir steuern entspannt ein paar Attraktionen der Umgebung an. Das Höhlendorf hat leider Montags geschlossen, das Schloss Azay le Rideau erscheint uns weniger nostalgisch als vor 20 Jahren und am Schoss Chenonceau erwarten uns um 14:00 Menschenmassen soweit das Auge reicht.
Da es keinen Platz mehr auf dem für Wohnmobile ausgewiesenen Parkplatz gibt, stellen wir uns zu den anderen Mobilen auf den Busparkplatz. Unser Nachbar erwärmt sich eine Quiche auf seiner Herdplatte, erzählt lebhaft von seiner Reiseroute und wünscht uns eine schöne Besichtigung. Verhalten optimistisch stellen wir uns in eine der zahlreichen Schlangen vor den Kartenautomaten. Nachdem wir uns durch unsere Bestellung geklickt haben, erscheint der Hinweis, dass wir in 75 Minuten das Schloss besichtigen dürfen. Wir entscheiden uns dagegen und begeben uns auf die Suche nach einem Platz für die Nacht in der Nähe.
Der Campingplatz am Fluss wirkt wenig einladend. Aber weit gefehlt. Die freundliche Dame lässt uns einen Platz aussuchen. Wir blicken auf den Fluss und es ist herrlich ruhig. Bewusst wählen wir für unseren Spaziergang im Regen nicht den Weg Richtung Schloss. Das machen wir morgen früh.
Dienstag, 11.04.2023 – Château de Chenonceau – Château des Dames
Wir starten einen neuen Versuch: wandern gemütlich am Fluss entlang Richtung Château, bekommen unverzüglich unsere Eintrittskarten, schlendern durch den Wald, lassen das Labyrinth und die Gärten zunächst rechts und links liegen und flanieren über die ehemalige Zugbrücke zum Eingang des Schlosses.
Die Geschichte des Schlosses ist geprägt von einer Reihen von Frauen, die es erbaut, geschützt, verschönert, restauriert und gerettet haben.
Unser Audioguide gibt sich als Geist der letzten Schlossherrin aus und führt uns mit einem sehr persönlichen Blick auf die Damen, die ebenfalls eine Zeitlang dieses Gemäuer ihr eigen nennen durften, durch die drei Etagen des Schlosses.
Die verschiedenen Schlafgemächer spiegeln die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen und Bedürfnisse der weiblichen und männlichen Bewohner wieder.
Die Galerie diente zunächst hochherrschaftlichen Empfängen, wurde aber zu Kriegszeiten in ein Militärkrankenhaus umgewandelt. Die unterschiedliche Beschaffenheit der Steine (schwarz: harter Schiefer, weiß: weicher Stein) verwandelten sich über die Jahre durch die intensive Abnutzung. So gestaltet sich unser Gang etwas holprig bei diesem äußert unebenen Boden. Da wir wie immer in Wanderschuhen unterwegs sind, kein Problem für uns.
Wir nehmen uns viel Zeit für die nicht von Menschenmassen bevölkerten Räume, erfreuen uns an den aus frischen Blumen gestalteten, österlich anmutenden Dekorationen in den liebevoll restaurierten Räumen.
Er lohnt immer mal wieder den Blick auf die Fussböden und die Decken zu richten.
Die Blicke aus den verschiedenen Fenstern verheißen einen schönen Bummel durch die Gärten und die ehemaligen Stallungen.
Soviel Kultur macht hungrig. In den ehemaligen Ställen des Schlosses befindet sich ein Restaurant. Da Michaels Französisch immer besser wird, suche ich das ’stille Örtlichen‘ und lasse ihn in der Essensschlange alleine. In dem Moment als Michael zum Gericht angebotene ‚pommes de terre‘ einfordert, kehre ich zurück und bin beeindruckt. Wir erobern uns eine ruhige Nische und genießen unser Essen. Selbst das einfache ‚plat du jour’ ist ausgesprochen köstlich.
Danach führt unser Weg durch die Gärten und durch das Labyrinth im Wald. Ein abschließender Besuch im Weinkeller vervollständigt unsere Besichtigung dieser ausnehmend gepflegten Umgebung.
Müde Füße tragen uns zu unserem idyllischen Platz am Fluss. Morgen geht es weiter zur letzten Etappe im Loire-Tal. Gefühlt befinden wir uns schon auf dem Rückweg.
Mittwoch, 12.04.2023 – Fahrt nach Orléans: Camping Olivet
Mal wieder gemütlich zockelt unser Bus an der Loire entlang und findet ein ruhiges Plätzchen in der Nähe Orléans. Der zugewiesene Platz unter einem großen, harzigen Baum gefällt uns nicht, wir erfragen einen weiteren, da es viele freie Plätze gibt. Reservé! ist die Antwort, begleitet von einem Kopfschütteln auf unsere Anfrage. Wir bleiben hartnäckig, was uns schließlich einen sonnigen, nicht reservierten Platz beschert.
Da sich immer mal wieder der ein oder andere Schauer über uns ergießt, ist das Verkehrsmittel unserer Wahl für den morgigen Besuch von Orléans die Straßenbahn.
Aber das können wir heute ja schon mal üben: der Erwerb eines Tickets erweist sich als unkompliziert und kostengünstig. Für das Umsteigen vom Bus in die Straßenbahn ist kein weiteres Ticket nötig. Wir landen in Orléans, die Abendsonne blinzelt durch die Gassen, eine Chaud Chocolat wärmt uns auf bevor wir den Rückweg mit der Bahn antreten.
Donnerstag, 13.04.2023 – Orléans
Zwanzig Minuten zu Fuß, weitere zwanzig Minuten mit der Bahn und dann müssen alle Fahrgäste am Loire-Ufer diese Straßenbahn verlassen. Die Durchsage benennt eine Störung. Über die Brücke gelangen wir ins historische Stadtzentrum und weiter zum Place Republique. Die ‚Störung‘ entpuppt sich als eine weitere Demonstration zahlreicher, lautstarker Menschen, die wenig glücklich, nachdrücklich die neue Rentenreform und ihren Präsidenten beschimpfen.
Wir beobachten fasziniert die ‚Resistance‘.
„La Grenouille“ – der Frosch – ist schließlich das Restaurant unserer Wahl – wieder pünktlich um 12 Uhr. Die Kellnerinnen singen die französischen Chansons aus dem Radio mit, während sich der kleine Gastraum, und die Terrasse mit Einheimischen und später auch mit einigen ‚Gelbwesten‘ füllen. Widerstand macht auch hungrig.
Gestärkt schlendern wir durch Orléans, stöbern in zahlreichen Geschäften und lassen uns von der Kathedrale beeindrucken. Ein schöner Abschluss unserer Reise.
Freitag, 14.04.2023 – Fahrt durch Frankreich: Camping de Chalons en Champagne
Für den ersten Teil unserer Rückfahrt begrüßen wir die Mautstraßen. Ohne Zwischenfälle erreichen wir den während der Fahrt recherchierten Supermarkt.
Le Grand Frais – der Name ist keine Übertreibung. Eine große Auswahl an frischen Produkten läßt uns das Wasser im Munde laufen. Wir widerstehen den Versuchungen und konzentrieren uns auf frisches Gemüse, frisches Obst und Nüsse. Das Schlemmen gestaltet sich Zuhause ein wenig anders. Zwei volle Taschen mit frischem Obst und Gemüse begleiten uns in die kommende Woche für unsere Scheinfastenkur: 5DO. Frankreich war einfach zu lecker.
Vor 15:00 Uhr erreichen wir unseren zuvor recherchierten Platz, werden freundlich auf deutsch empfangen und können uns wieder einmal einen Platz aussuchen. Noch gibt es viele freie Plätze. Während wir gemütlich um den See schlendern, sehen wir ein Wohnmobil nach dem anderen ankommen. Am Abend ist der Platz voll. Dieses, in den letzten Stunden gewachsene Wohnmobil-Dorf, fordert einen erneuten Spaziergang: Engländer, Belgier, Holländer, Franzosen alle sind vertreten. Es ist ein beliebter Platz für die Durchreise. Auch bei uns kommt er auf die Liste. Bestens für die Hin- oder Heimreise geeignet, wenn es Richtung Mittelmeer gehen soll.
Samstag, 15.04.2023 – Fahrt nach Hause
Wir starten im Regen, fahren durch die Sonne und sind fast versucht auf einem Platz in Maastricht anzuhalten. Aber nur fast. Ich habe heute morgen die Bettwäsche schon abgezogen und Michael zieht es nach Hause.
Uns bleibt die Vorfreude, denn unsere nächste große Tour liegt nicht in weiter Ferne: Irland mit dem Bus im Juni 2023.