Donnerstag, 19. September 2024 – Fahrt nach Contrexéville – Camping de Contrexéville

Wie bestellt, begleitet strahlender Sonnenschein unsere Fahrt Richtung Frankreich. Nach den üblichen Kämpfen auf den deutschen Autobahnen, vorbei an üppigen Maisfeldern und einigen übrig gebliebenen Sonnenblumen, die uns sanft im Wind wippend zuwinken, gestaltet sich die Fahrt in Frankreich auf der Route de Soleil (A31) entspannter.

Am Nachmittag landen wir in Contrexéville, einem lauschigen Städtchen, dessen Name einem Asterixheft entsprungen sein könnte. Auf dem Campingplatz zücke ich meine ACSI-Karte, wir bekommen den ermäßigten Preis der Nebensaison (18,- €) und dürfen uns einen Platz aussuchen. Einige Minuten später lümmeln wir in der Nachmittagssonne und beobachten die ankommenden Camper – viele Holländer mit Wohnwagen. Ob die wohl nach Hause fahren?

Der Blick auf den, von Schafen bevölkerten, grünen Hügel hier in den Vogesen erinnert ein wenig an Schottland.

Einige Schritte den kleinen Berg hinunter erreichen wir das ‚Centre Ville‘, das Zentrum mit seiner beeindruckenden Therme und dem Flair Frankreichs in der Abendsonne: Promenade, kleine Bars, freundliche Franzosen.

Zurück am Bus genießen wir die sich langsam abkühlende Luft und ein kaltes Glas Wein. Morgen geht es an die Ardèche.

Freitag, 20. September – Fahrt an die Ardèche – Huttopia Camping Le Moulin

6:00 Uhr: der Schleier der Nacht liegt noch kühl und still über den Campern. 7:15 Uhr: das infernalische Geräusch einer Ketten-Baum-Säge läßt mich wilde Szenarien kreieren, welche den Gebrauch eines solchen Werkzeuges um diese Zeit rechtfertigen. ‚Die spinnen, die Franzosen.‘ Während Michael mal wieder seine Superkraft einsetzt, tief und völlig entspannt weiter schlummert, lausche ich dem Rhythmus der Säge und setzte meine Hoffnung auf die anderen Camper, diesem ein Ende zu machen. Nach einer halben Stunde erfüllt sich die Hoffnung.

Der große Supermarkt mit angebundener, günstiger Tankstelle versorgt uns drei mit den nötigen Flüssigkeiten, bevor wir uns wieder auf die Route du Soleil begeben. Michael zieht ausgeschlafen ohne Pause gnadenlos durch bis wir unser Ziel erreicht haben.
Nach der langen Fahrt begrüßen wir mit einem Plan ausgestattet den ausgiebigen Bummel über den großen, naturbelassenen Platz auf der Suche nach einem angemessen ruhigen, sonnigen aber auch Schatten spendenden Plätzchen. Et voilà! 


Die Wärme (26 Grad) und die angenehme Terrasse am Pool verführt uns zu einem lokalen Bierchen Artisanale.

Die anschließende Erkundungstour am Fluss entlang zum Strand und zurück durch den Ort beschert uns genügend Bewegung, so dass wir den restlichen Abend gemütlich vor unserem Bus die Nase in unsere Bücher stecken können.


Samstag, 21.09.2024 – Huttopia Camping Le Moulin – Aiguèze

Magnifique! Aiguèze! La plus belle village de la Franche. Dieses Dorf auf der anderen Seite des Flusses mit seinen gepflasterten Gassen, mittelalterlichen Steinhäusern und den imposanten Ausblicken auf die Ardèche hat die Bezeichnung als schönstes Dorf Frankreichs auf jeden Fall verdient.

Der Aufstieg macht hungrig und nachdem sich unsere Augen satt gesehen haben, landen wir im wunderschönen Bistro Rive Droite, genießen gesundes, kreativ zubereitetes Essen und lernen eine italienische Spezialität kennen: Affogato. Die Qual der Wahl, Eis oder Espresso, wird uns abgenommen.

Der Wirt erzählt uns die Geschichte, wie diese Nachspeise: Vanilleeis mit Espresso, welcher nach und nach über das Eis gegossen wird, seine Speisekarte und den Gaumen seiner Gäste erobert hat. Michael ist sofort überzeugt. Deux fois – zweimal, auch ich zögere nicht lange.

Das Bistro hat sich mit Franzosen gefüllt und einem Schweizer Pärchen, das auf dem gleichen Campingplatz für zwei Nächte ein Zuhause gefunden hat und nur zu bereit für einen kleinen Erfahrungsaustausch ist. Das lokale Olivenöl muss ich, nachdem die Dame in einem der mittelalterlichen Häuser alle meine Fragen beantwortet hat, mitnehmen.

Die Provence Occitane begeistert uns und lädt zum weiteren Verweilen ein. Die lustige Dame im Office de Tourisme wartet mit Empfehlungen jeder Wetterlage entsprechend auf: Regen: Besichtigung der Höhle: Grotte Chauvet 2, Heiß: die Wasserfälle: Cascadés du Sautadet, Kühl: Eroberung eines Weinkellers beim Chartreuse de Valbonne, Bewölkt: Wanderung durch das kleine französische Venedig: Goudargues. Vollkommen Michaels Charme erlegen, ist ihr Enthusiasmus nicht zu bremsen. Der grüne Marker fliegt über die Karte und zeigt uns die schönsten Plätze.

Mit einem Blick auf den morgigen Regenradar und unserer Begeisterung für den Charme dieser Gegend ändern wir unsere Pläne: das überfüllte Mittelmeer muss noch warten.

Sonntag, 22. September – Fahrt nach La Roque sur Céze – Camping La Vallée Verte

Nach einer ruhigen Nacht starten wir gemütlich in den Tag begleitet von vereinzelten Regenschauern. Heute ist zunächst der Weg das Ziel: durch die Schluchten gestaltet sich jede Kurve als eine neue Postkarte und einige Dörfer dieser wundervollen Gegend, welche ebenfalls mit dem Prädikat: „schönstes Dorf Frankreichs“ versehen sind. Der grüne Marker auf der Karte weist uns den Weg. Dieser schlängelt sich durch den Wald zum kleinen Venedig Frankreichs: Goudargues. Vraiment très petite aber wunderschön.

Es herrscht ein reges Treiben. Uns zieht es zum örtlichen Metzger, um uns mit einigen Leckereien einzudecken, denn unser Platz heute Abend liegt tief im Grünen Tal an der Cèze. In der Boulangerie Artisanale bekommen wir ein leckeres Olivenbrot, welches seinen Namen wirklich verdient hat. Natürlich müssen die kleinen Chêvre-Quiches auch mit.

Da die Straßen sehr eng und kurvig sind, fährt Michael für das Wohlbefinden aller Beteiligten zum nächsten Dorf.

Montclus will uns nicht. Am Fuße des Dorfes dürfen wir mit unserem Bus nicht auf den Parkplatz und es findet sich auch keine weitere Parkmöglichkeit im Radius von 2 Kilometern. Da das Wetter etwas unbeständig ist, verzichten wir auf den Fußmarsch und steuern den echten Geheimtipp an. Da ich navigiere, landen wir wieder auf einer kleinen Straße, die sich kurvenreich durch die Landschaft schlängelt. Auf dem Parkplatz unterhalb von Lussan dürfen wir unser Baby abstellen. Wir naschen ein wenig von dem Olivenbrot und erklimmen gestärkt den Hügel.

Gemütlich lassen wir uns durch die Gassen treiben. Der Himmel wechselt zwischen grau und blau. Hin und wieder kitzeln uns sogar einige Sonnenstrahlen.

Den einzigen Trubel, den wir in diesen Gassen entdecken, ist ein Gourmet-Bistro, welches heute zur Mittagszeit komplett ausgebucht ist.


Zurück am Bus finden die Chêvre-Quiches ihren Weg in unsere Mägen. Über Les Concluses und Verfeuil findet der Bus den Weg ins La Vallée Verte. Der enorme 5-Sterne Platz ist komplett leer. Schicke Holzhäuser schlummern in den Hügeln. Verwaiste Liegen lümmeln rund um den Pool. Einsame Terrassen gemütlich möbliert schimmern in der Sonne.

Wir dürfen uns einen Platz, bis auf die Premiumplätze mit Blick auf den Fluss, aussuchen. Da wirklich zur Zeit Niemand dieses grüne Tal bewohnt, können wir auch aus der zweiten Reihe auf den Fluss blicken, der hin und wieder durch die dichten Bäume schimmert.

Unser Fokus ist heute ein anderer: ein sonniges Plätzchen mit Satellitenempfang, denn eine Gewitterfront schiebt sich über das Land. 

Wir brauchen drei Anläufe. Kurz nachdem wir uns zufrieden vor den Bus gepflanzt haben, rauscht ein englisches Wohnmobil zielstrebig auf den Platz direkt neben uns. Durch die englische Ausstattung stehen wir Schiebetür an Schiebetür. Dies kann ich nicht so einfach hinnehmen. Freundlich erkläre ich der englischen Lady, die aus dem Wohnmobil gleitet, dass alles leer ist und man sich einen Platz aussuchen kann. „But this is my Lucky Number.“ „Oh my good“, denke ich. Gegen die Glückszahl richte ich nichts aus. Höflich, das Augenrollen unterdrückend, frage ich den Fahrer, ob er für ein wenig mehr Privatsphäre rückwärts einparken könne. Er nickt lächelnd und ich sinke kopfschüttelnd in meinen Liegestuhl zurück.

Meine Missbilligung schlägt scheinbar unsichtbare hohe Wellen, spült die Engländer neben uns vom Platz.  Ich vernehme immer mal wieder ein langanhaltendes Piepen. Auch die Engländer probieren rückwärts fahrend verschiedene Plätze aus. Michael entdeckt sie schließlich weit hinten im Wald.

Wir können den Regen fasst schon riechen, dennoch zieht es uns an den Fluss.

Ein Schild weist uns darauf hin, dass schwimmen erlaubt ist, jedoch nicht an das gegenüberliegende Ufer an Land zu gehen. Mit Blick auf den Fluss entdeckt Michael die ‚Flussjungfrau‘ in sich und gibt diesem Gefühl nach.

Das Karma holt mich ein: spät am Abend erreicht ein französisches Wohnmobil das Tal und stellt sich brav zwei Plätze weiter hin. Die Erfahrung des Tages hat gezeigt, dass dies nichts zu bedeuten hat. Et voilà. Die Bewohner des 8-Meter-Geschosses sind unzufrieden. Da es regnet sitzen wir mittlerweile im Bus mit geöffneten Fenstern und Türen und verfolgen die Nachrichten. 

Das Aufheulen des Motors und lautes Rutschen auf dem Schotter läßt mich aussteigen. Mit immer wieder neuen Anläufen versucht der Fahrer, den Berg hinter unserem Platz zu bezwingen. Fortwährendes rückwärts Rutschen ist das Ergebnis. Schließlich wendet er sein Gerät, fährt Richtung Rezeption, kehrt nach einigen Minuten wieder zurück und stellt sich direkt links von uns auf den Platz. Der Regen hat zugenommen, die Antenne nebenan fährt aus. Unsere Nachbarn waren scheinbar auch auf der Suche nach Empfang. Da wir die Luken wegen des Regens geschlossen lassen, bleibt das Fenster auf meiner Seite offen.

Montag, 23. September – Wanderung zu den Cascades du Sautadet

Unsere Nachbarn tanzen Polka in ihrem fahrbaren Wohnzimmer. Polternde Geräusche von nebenan, holen mich aus dem Schlaf. Natürlich verweilt Michael weiterhin im Traumland. Mit meinem Buch schleiche ich nach vorn ins Cockpit und warte, dass Dornröschen erwacht. Erst als die Franzosen ihre Aktivitäten lautstark nach draußen verlagern, schiebt sich Michael ans offene Fenster, lässt sich nach einem kurzen Blick auf meiner Seite des Bettes wieder in den Schlaf sinken. Ich finde draußen ein sonniges Plätzchen.


Den Vormittag verbringen wir entspannt vor dem Bus, denn noch ist es ruhig und friedlich. Noch. Nach einen kleinen Stärkung und einen Blick in die detaillierte Beschreibung des Wanderweges, der direkt vor uns am Fluss beginnt, starten wir zu unserem Ziel: die Wasserfälle Les Cascades du Sautadet unterhalb des mittelalterlichen Dorfes La Roque-sur-Cèze.

Der Pfad mutet ein wenig moderig an. Hintereinander schlittern wir auf diesem schmalen Pfad durch den Wald. „Das habe ich mir anders vorgestellt“, murmelt Michael hinter mir, „ganz anders.

Nach einiger Zeit stolpern wir ins Licht auf einen breiteren Weg mit Blick auf die Weinberge: „Schon besser“.

Es geht weiter vorbei an den Weinfeldern und steil abwärts Richtung Kiesbett.

Am Fluss entlang ist es Zeit für eine kleine Abkühlung bevor die vor uns auftauchende Felswand bezwungen wird.

Es gibt ebenfalls die Möglichkeit, die Wasserfälle mit dem Fahrrad zu erreichen, aber dann würden wir nicht diese wunderbaren Ausblicke am Weg erleben.

Nach den kleineren Wasserfällen erreichen wir den großen Bruder, welcher in Ferne schon zu hören ist.

Es häufen sich die Warnschilder, sich nicht zu nah an den Rand zu wagen. Wir setzen uns, genießen sicher den Ausblick und versuchen diesen Augenblick einzufangen.

Von der anderen Seite nähern sich immer mehr Touristen, einige mit waghalsigen Manövern für das beste Selfie. Da wir schon mal hier sind, lockt uns ein weiteres ’schönstes Dorf Frankreichs‘ und wir verlassen vorsichtig die Felsen.

Über die Brücke gelangen die Autofahrer zu einem Parkplatz, denn das Dorf ist komplett autofrei.

Wir schlendern über einen kleinen Weg Richtung La Roque-sur-Cèze. In der Ferne können wir einen ersten Blick auf das Dorf werfen und sind hinreichend beeindruckt.

Nicht die Anstrengung durch den stetigen, immer steiler werden Aufstieg lässt uns immer mal wieder innehalten. Dies ist nun wirklich das schönste Dorf Frankreichs unter den Dörfern, die wir während der letzten Tage erleben durften.

Oben angekommen bietet sich ein Blick über die Ebene und eine klare Sicht auf die Dörfer in der Ferne, deren Besuch uns viel Freude bereitet hat.

Vor dem Abstieg und den Weg zurück ins ‚Grüne Tal‘ benötigen wir eine kleine Erfrischung: frisch gepresste Zitronen mit eiskaltem Wasser – erfrischender geht es kaum – parfait.

Der Rückweg gestaltet sich etwas anders. Wir müssen irgendwo falsch abgebogen sein. Hungrig erreichen wir unseren Platz, richten unsere Kochstellen ein und zaubern uns ein leckeres Essen, das wir leider nicht ganz so ungestört genießen können, da eine fünfköpfige Familie aus der Schweiz lautstark die freien Plätze besichtigt und Vor- und Nachteile abwägt. Für verabschieden uns von der Ruhe und dem Frieden und beobachten wie mit stetig neuen Anläufen, der imposante Wohnwagen in die richtige Position gebracht wird, während ‚die lieben Kleinen‘ kreischend Verstecken, Fangen und Ball spielen – auch auf unserem Platz. Als der Vater die ganze Meute zum Fluss treibt, greifen wir nach unseren Büchern und verschieben das Spülen. Doch auch vom Fluss schallen uns Anweisungen und sich wiederholende Verbote entgegen. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie sich der Geräuschpegel während der Hauptsaison gestaltet und komme mir ein wenig schrullig vor. Morgen fahren wir ans Meer.

Dienstag, 24. September 2024 – Fahrt nach Saintes-Maries-de-la-Mer – Camping Le Clos du Rhône

Es ist ein wenig bewölkt und hin und wieder ergießt sich ein kleiner Schauer auf unseren Bus. Wir starten bei 16 Grad und landen, gemütlich über die Landstraße zockelnd, in Arle bei 26 Grad, steuern zielstrebig die Leclerc-Tankstelle und den Supermarkt an, um uns erneut mit den entsprechenden Flüssigkeiten zu versorgen und unsere Vorräte aufzufüllen. Den günstigen Platz am Meer erreichen wir nach vierzig Minuten. Meine App verkündet 4 freie Plätze. Der Blick auf das Meer erfreut uns, der Blick auf den Platz weniger. Am Hafen vorbei navigiert uns das Navi in ein Industriegebiet. Hier wollen wir nicht bleiben. Also wieder zurück nach Arles und einen weiteren Abzweig Richtung Meer nehmen. Nach einer Stunde und fünfzehn Minuten landen wir erneut auf einem großen Parkplatz, diesmal allerdings direkt am Meer.

Idyllisch geht anders. Also rauf auf den steinernen Wall, der den Parkplatz vom Meer trennt, runter an den Strand und erstmal ins Wasser.

Eine leichte Brise streichelt sanft die steifen Glieder. Wir stapfen von einer Bucht in die nächste und entdecken einen Campingplatz. Er ist sehr gut gefüllt, der Versuch online für heute zu buchen, scheitert aber vielleicht können wir morgen einen Platz bekommen. Wir entern die Rezeption und es dauert eine Weile bis die Damen an der Rezeption verstanden haben, dass wir auf dem benachbarten Parkplatz (15,- € mit Nix) stehen und gerne ab morgen für drei Nächte einen Platz wollen. Zwischen Englisch und Französisch hin und her wechselnd, erfahren wir, dass wir auch schon heute einen Platz bekommen könnten. Wir müssen nicht lange überlegen, da seit gestern Nachsaison ist und der Platz mit Allem keine 30,- € kosten wird. Der Platzwart auf dem Parkplatz erscheint wohl erst am Abend, um zu kassieren, so können wir ungehindert zum Campingplatz wechseln.

Allerdings benötigen wir abermals drei Anläufe. Wir bekommen ein Plätzchen zugewiesen und während Michael begeistert unsere Stühle vor den Bus stellt, vernehme ich einen stetig sirrenden Ton und erkunde den Ursprung der geräuschvollen Störung meiner Sinne. Ein älterer Monsieur vor seinem Wohnmobil blickt mir verwundert bei der Suche zu und auch Michael hält bei dem Versuch, gemütlich zu werden, inne. Et voilà. Mein Blick fällt auf die lärmende Klimaanlage vom Restaurant. „Ich kann hier nicht bleiben.“ Michael packt kommentarlos alles wieder ein und wir marschieren mit dem Platzplan zurück zur Rezeption. Während wir unser Anliegen ausschließlich auf Englisch einer anderen Dame an der Rezeption kundtun, bemüht sich die Dame einen weiteren freien Platz zu finden und zeigt ihn uns auf unserem Plan – direkt neben dem Kinderspielplatz. Den wollen wir nach der gestrigen Erfahrung auch nicht. Die drei Ladys an der Rezeption machen sich auf französisch über uns lustig, drucken schließlich eine Liste aus mit den möglichen freien Plätzen, die wir uns anschauen und anhören können. Wir beeilen uns, diese Plätze abzulaufen, da die Camper jetzt Schlag auf Schlag anreisen und werden beim letzten Platz auf der Liste schließlich fündig. Ruhe, Sonne, Schatten und ausreichend Platz. Parfait.

Wir richten uns ein, tun das, was gerade ansteht, nutzen dann die Abendsonne für eine Platzrunde und einen erneuten Abstecher ans Meer.

Zufrieden blicken wir vor unserem Bus in den Abendhimmel. Die lila Wolken versprechen schönes Wetter für morgen. Wir sind angekommen. Mit zunehmender Dämmerung wagen sich kleine Fledermäuse aus ihren Höhlen. Das leise Flattern über unseren Köpfen mischt sich mit dem sanften Rauschen der Wellen.

Mittwoch, 25. September 2024 – Saintes-Maries-de-la-Mer

Nach einer ruhigen Nacht schimmert blauer Himmel durch unsere Luke während die morgendliche Frische unseren Bus erfüllt. Die Sonne kämpft sich über den Horizont, lockt uns aber noch nicht nach draußen. Den ersten Kaffee genießen wir im Bus, danach lümmelt jeder wie er will draußen vor dem Bus. Das bisschen Haushalt macht Michael ganz allein. Gegen Mittag entscheiden wir, den Ort etwas genauer zu erkunden. 

Am Hafen strömt uns eine Mischung aus Knoblauch, Kräutern und gebratenen Fisch entgegen und zieht uns auf eine der zahlreichen Terrassen. Die kleine aber feine Speisekarte verführt, auch wenn es eine recht lange Weile dauert bis wir einen Teller mit recht lauwarmen Köstlichkeiten vor uns stehen haben. Wir beobachten entspannt das Treiben am Hafen und den zunehmenden Fluss der Menschen, die an uns vorbeiziehen.


Wir reihen uns in den Strom ein und nach ein paar Schritten erblicken wir eine Menschenansammlung vor dem Ticketschalter einer Arena. „Willst du dich schon mal anstellen?!“, fordere ich Michael auf und schlängle mich zum Schalter. La Course de Taureau: 3,- €. Zurück bei Michael: „Der Lauf des Stieres“, erkläre ich dürftig. „C’est quoi ça, ici?“ frage ich eine Dame hinter mir. „Je ne sais pas“. Auch sie hat keine Ahnung. Das französische Pärchen vor mir, dreht sich um und erklärt das Geschehen. 

Das traditionelle Camargue-Rennen ist ein Spiel in der Arena zwischen dem Camargue-Stier, dessen Hörner in den Himmel gerichtet sind, und mehreren weiß gekleideten Männern. Das Ziel dieser wahrlich durchtrainierten Menschen ist es, die Attribute, die der Stier auf seinem Kopf trägt, zu bergen. Was für ein Spektakel!

In der Arena gibt uns das nette Paar noch einige Tipps zur Platzwahl: nicht in die unteren Ränge, nicht mit Blick zur Sonne. Wir beherzigen die Ratschläge und finden, angesteckt von der wachsenden Aufregung unter den Zuschauern, einen angenehmen Platz.

Jeder Einzelne wird vom Moderator dieses Rennen vorgestellt und von den Zuschauern ausgiebig bejubelt. Erwartungsvoll blicken wir im Anschluss auf die rote Tür. Insgesamt acht Stiere fordern diese Läufer heraus.

Die jungen Männer rennen nicht nur, nein sie fliegen förmlich über die Bande auf den ersten Rang, um sich vor dem Stier in Sicherheit zu bringen.

Auch mir entfährt so mancher Aufschrei, wenn der Läufer sehr knapp dem Stier entkommt. Doch die Trophäen werden tatsächlich mutig erbeutet.

Der Stier springt mit großer Geschwindigkeit bei seiner Jagd immer wieder mal über die Bande aus der Arena in den Innenlauf. Ein weiterer Aufschrei meinerseits und gebanntes Atem anhalten während die Ordner sich bemühen den Stier wieder in die Arena zu locken.

Wenn die Jungs die Trophäen abgeräumt haben, folgt der nächste Stier. Nicht immer ist der Stier willig die Arena zu verlassen. Unter großem Gelächter trabt ein weiterer Stier mit einer Kuhglocke in die Arena, um seinem Kumpel den Weg zu weisen.

In der Pause gibt es kleine Erfrischungen und danach dürfen vier weitere Stiere sich gegen die jungen Männer behaupten.

Ins Dorf schaffen wir es am heutigen Tag nicht mehr. Lediglich die Stiere werden von berittenen Pferden aus der Arena zwischen den Absperrungen durch das Dorf getrieben.

Am Strand geht es in der Abendsonne zurück zum Bus.

Donnerstag, 26. September 2024 – Saintes-Maries-de-la-Mer – Stadt- und Strandbummel

Nach ausgiebigem Lümmeln im und vor dem Bus treibt uns der Hunger aber auch die Neugier in die Stadt.

Wir finden neben dem Touristenrummel ein von Einheimischen bevölkertes Restaurant und bekommen einen kühlen Platz im Innern. Das 23,-€ Menü bietet eine große Auswahl an Vor-, Haupt- und Nachspeisen. Da fällt die Entscheidung nicht schwer.

Der Bummel durch die Gassen und der anschließende Rückweg am Strand lässt uns müde aber glücklich in unsere Liegestühle sinken.

Am Abend zieht es uns noch einmal ans Meer. Der Wind peitscht stärker über die Wellen. Es kehrt Ruhe auf dem Platz ein. Wir verlängern den Aufenthalt, denn wir können hier herrlich entspannen. Darüber hinaus möchten wir die „Fête du Cheval“ am Sonntag mit den Pferden und Menschen dieser Umgebung feiern.

Freitag, 27. September 2024 – Saintes-Maries-de-la-Mer – Markt, Strand

Heute wandern wir durch die Stadt an die Grenze zu einem Parkplatz, wohin der Wochenmarkt verlegt wurde, da der eigentliche „Place de Gitan“ am neuen Rathaus für die Festivitäten am Sonntag abgesperrt ist. Wir versorgen uns mit allerlei Köstlichkeiten, schlendern am Strand wieder zurück, erleben Sonne, Strand, Wind und Meer, wie es uns gefällt.

Am Abend bekommen wir Besuch: erst von Detlef, den wir von unserer Schottlandreise kennen, er ist auf dem Rückweg von Spanien nach Hause unterwegs, und von Roy auf seiner Heimreise nach Südafrika. Heute Abend wir auch Englisch geplaudert. Rita und Peter, freundliche Mitcamper von der Ostsee, wundern sich über den Zuwachs vor unserem Bus, sind aber bereit nach Aufforderung von Detlef für jedes einzelne unserer Handys das Gruppenfoto aufzunehmen.

Fledermäuse flattern am rötlich schimmernder Abendhimmel und beenden diesen ereignisreichen Tag.

Samstag, 28. September 2024 – Saintes-Maries-de-la-Mer

Mit Detlef laufen wir unseren Weg am Strand, am Hafen vorbei, in die Stadt und nach dem leckeren Mittagessen noch ein Stück die Promenade zum anderen Campingplatz und wieder zurück. Die Sonne funkelt mit dem Meer um die Wette.

Auf und in den Wellen tummeln sich eine Menge Surfer. Der von der Sonne angewärmte Wind sorgt für einen langen oder manchmal auch nur kurzen Ritt auf den Wellen.

Während Detlef seine Halbschuhe ordentlich verpackt, hat Michael Zeit für Schabernack. Gut gelaunt führt mich der Weg ins Wasser und kräftig durch die Wellen stapfend Richtung Hafen. Die Jungs schlendern quatschend lieber am Strand.

In der Stadt spüren wir das Wochenende: in den gut gefüllten Restaurants schlemmen Touristen und Einheimische sich durch die Speisekarte. Wir bekommen den letzten Tisch und erneut ein hervorragendes 3-Gänge-Menü für einen kleinen Euro. Zufrieden setzen wir unseren Bummel durch die Gassen, vorbei an der Kirche, dem alten und auch dem neuem Rathaus, fort.

Mich zieht es noch auf die Promenade aus der Stadt heraus, um einen weiteren Campingplatz zu begutachten: ganz okay aber wir haben es weitaus besser getroffen.

Vincent van Gogh fühlte sich von dieser wunderschönen Landschaft inspiriert und verewigte diese auf seinen Bilder. Einige zieren die Promenade und sind am Wegesrand zu finden. Museen in Europa beherbergen die Originalgemälde.

Über den Hafen zum Strand hinunter ins Wasser immer noch mit wärmenden Sonnenschein führt der Weg zurück zum Platz, wo wir den Tag mit einem kühlen Bier beschließen.

Heute segelt eine Schar Flamingos, die im Schein der untergehenden Sonne leuchten, über unseren Köpfen hinweg.

Sonntag, 29. September 2024 – Saintes-Maries-de-la-Mer – Fête du Cheval

Etwas zu spät krabbeln wir aus unserer Koje. Detlef bleibt in seiner, um heute die Erkältung auszukurieren. Für uns reicht die Zeit nur für einen halben Kaffee bevor wir schnellen Schrittes ins Dorf wandern, um dem Einzug der Festteilnehmer zu Pferd oder in verschiedenen Kutschen beizuwohnen. Heute bekommen wir einen Einblick in die Trachten und Traditionen dieser Gegend, der Camargue.

Für das leibliche Wohl sorgen im Hintergrund fleißige Franzosen, so dass wir um 13:00 Uhr festlich mit Wein, Wasser und Gesang speisen können. Ein enthusiastisches Trio begleitet unser Mahl mit spanischen und französischen Musikdarbietungen. Da darf der Chanson: „Non, je ne regrette rien!“ nicht fehlen.

Ausgiebig gestärkt, lustwandeln wir ein wenig über den Festplatz, begutachten die zum Verkauf angebotenen, traditionellen Angebote: Sättel, Hemden, Gemälde etc. und finden uns um 15:00 Uhr in der Arena ein für ein weiteres kostenfreies Spektakel, wo Michael uns einen entspannten Sitzplatz mit der Sonne im Rücken sichert.

Die Franzosen, die uns gerade noch mit allerlei Leckereien versorgt haben, reiten nun erhaben – auch wenn die Pferde, das ein oder andere fallen lassen – in die Arena, erhalten einen Preis für die Pflege und Aufrechterhaltung der Traditionen dieser Region und überlassen schließlich den, Akrobaten, Parcours-Reitern, Stier-, und Pferdebändigern die Arena.

Ein vierjähriges kleines Mädchen beginnt mit ihrer waghalsigen Vorführung, gefolgt von weiteren Künstlern verschiedener Altersgruppen. Alle werden mit tosendem Applaus belohnt.

Der schnelle und kontrollierte Ritt durch den Parcours: im schnellen Galopp, den Stab aus einer Tonne pflücken, im Slalom durch die Hindernishütchen galoppierend zu einer weiteren Tonne, den Stab gezielt abwerfen, schaffen nicht alle Reiter diesen Ritt, was die lautstarke Begeisterung nicht schmälert.

Ein weiteres Highlight ist das Einfangen und zum Stillstand bringen der Stiere und Pferde.

Nach diesem abermals erlebnisreichen Tag schlendern wir zurück zu unserem Platz, versorgen Detlef mit einer heißen Zitrone und berichten von dem hiesigen ‚Fest der Pferde‘. Müde entert ein Jeder seine Koje.

Montag, 30. September 2024 – Donnerstag, 03. Oktober: Saintes-Maries-de-la-Mer

Noch ein letzter gemeinsamer Kaffee vor unserem Bus und wir verabschieden uns von Detlef, der mit seiner Maschine Richtung Heimat rollt, zuvor seine Einladung wiederholt, ihn in Wischhafen zu besuchen. Wir verlängern unseren Aufenthalt um weitere drei Tage, noch nicht bereit diesen Ort mit seinen herrlichen, sonnenverwöhnten, windumtosenden Stränden zu verlassen, um ins verregnete Deutschland zurückzukehren. Wir genießen weitere Tage am Strand, im Ort, in der Umgebung, am Platz vor unserem Bus. Das Wetter lässt mich entspannt einige Bahnen im herrlich erfrischenden Meerwasser durch die Bucht ziehen während Michael in sicherer Entfernung am Strand lümmelt.

Noch einmal statten wir früh am Montag Morgen dem hiesigen Markt einen weiteren Besuch ab, versorgen uns mit frischem Gemüse, Leckereien für die nächsten Tag und Wein aus der Region für Zuhause.

Natürlich wandern wir erneut am Strand entlang ins Dorf, lassen uns noch einmal von den Einheimischen lecker bekochen, schlendern durchs Dorf wieder zurück und leben frei nach dem Motto: „Folgen Sie ihren Träumen. Sie kennen den Weg.“

Die morgendlichen Wolken lösen sich immer wieder auf und bieten dem strahlend blauen Himmel Platz, um unsere Aktivitäten zu begleiten. Unser Fernglas kommt ebenfalls auf dieser Reise zum Einsatz: leuchtend pinkfarbende Flamingos posieren für uns in der Sonne.

Gegenüber von unserem Platz hinter einer Mauer zieht die Katzen-Mama behütet ihre Jungen auf. Immer mal wieder spähen wir, wie alle anderen Camper auch, über die Mauer und beobachten die kleinen flauschigen Vierbeiner während die Mama uns argwöhnisch beobachtet.

Der letzte Tag beschert uns ausschließlich Sonnenschein, blauen Himmel und genau die Dosis Wind, die ein wenig für Abkühlung sorgt. Besser hätten wir es uns nicht wünschen können. Unser Dank geht an das Universum.

Immer wieder auch noch die letzten Sonnenstrahlen nutzend, halte ich weitere Eindrücke dieser unerwartet erlebnisreichen und erholsamen Reise fest.

Es ist ein wunderbares Ende der Saison, doch wahrscheinlich nicht die letzte Fahrt in diesem Jahr. Mal sehen…

Natürlich zieht es uns auch am letzten Abend trotz Sturm noch einmal an den Strand.

Die Bucht direkt daneben ruht still im Sonnenschein für ihre Badegäste.

Mit dem wunderbaren Sonnenuntergang fühlen wir uns angemessen verabschiedet.

Wir kommen wieder!

Freitag, 04. Oktober – Fahrt Richtung Heimat